Wie ergeht es unseren Mitgliedern in der Krise? In der Kreativwirtschaft stehen die Zeichen auf digital.
"Aus der Krise entstehen auch Chancen", sagte Sven Cloth, Inhaber und Geschäftsführer des Cloth Kreativbureau, vor einem Jahr im Interview mit AHK debelux. Die Kommunikationsagentur in Eupen bietet vom klassischen Corporate Design über Social Media-Kommunikation bis hin zum on- und offline Marketing Unternehmen aller Branchen Unterstützung. AHK debelux erkundigte sich nach einem Jahr Corona-Krise bei dem Mitglieds-Unternehmen, welche Chancen die Agentur wahrgenommen hat und wie die digitale Kommunikation immer mehr in den Vordergrund rückt.
Wie geht es dem Kreativbüro jetzt, nach knapp einem Jahr Krise?
Wir sind zum Glück gut durchgekommen. Es gab im Lockdown vor einem Jahr einen Stopp bei vielen Unternehmen. Auch bei unseren Kunden wurden Budgets eingefroren, Pläne plötzlich auf Eis gelegt. Das haben wir natürlich auch gemerkt. Der Umsatz ging im März, April und Mai 2020 sehr stark zurück. Wir hatten auch Sorge, dass nicht genügend Arbeit vorhanden ist. Aber wir haben das im Juni wieder auffangen können und das Jahr hat sich dann sehr positiv entwickelt. Aktuell ist es so, dass alle Mitarbeiter wieder arbeiten und voll dabei sind. Wir können eine ähnliche Auftragslage wie im letzten Jahr verzeichnen.
Wie haben Sie das geschafft?
Tatsächlich haben wir das ein oder andere in die Wege leiten müssen. Wir haben uns in der Krisensituation Dinge einfallen lassen, neue Projekte aufgesetzt, damit es weiter gehen kann. Wir haben mit dem ganzen Team dafür gekämpft, dass es weiter geht und nicht zum Stillstand kommt. Das ist uns auch gelungen, weil wir in der Krise innovativ waren und Chancen genutzt haben. Vor allem im digitalen Bereich haben wir Unternehmen unterstützt.
Was brauchten die Unternehmen am meisten?
Die Nachfrage nach unserem digitalen Angebot hat sich erhöht. Wir mussten keinen entlassen. Im Bereich Webentwicklung haben wir sogar noch personell aufgestockt. Unsere Kunden im Einzelhandel, die noch nicht im Onlinehandel vertreten waren, sind es spätestens jetzt. Das Thema Webshops beschäftigt das ganze Team tagtäglich, von der Entwicklung über die Vermarktung bis hin zur After Sales Kommunikation.
Auch bei der Social Media-Kommunikation merken wir eine grosse Nachfrage. Teilweise war das der einzige Kanal, den die Unternehmen als Werbeplattform nutzten konnten. Hier merken wir viel Unterstützungsbedarf bei unseren Kunden.
Wird das Digitale künftig mehr in den Mittelpunkt rücken in der Werbung und im Marketing?
Unternehmen setzen heute immer mehr auf Online-Marketing, auch bei der Personalsuche. Wir spüren, dass der Wandel vom Print zum Digitalen stärker geworden ist aufgrund der Pandemie. Wir merken ganz klar die Tendenz, dass es ohne digitalen Bereich nicht mehr geht. Das wird in Zukunft ein grosser Schwerpunkt bleiben, ganz klar. Aber wir wollen den Print-Bereich auf keinen Fall vernachlässigen, er soll wieder mehr präsent sein, auch in Kombination mit digitaler Kommunikation. Crossmedial denken und lenken ist das Motto.
Wir haben z. B. in letzter Zeit viele Recruiting-Kampagnen für Kunden entworfen und auch bemerkt, dass Unternehmen immer mehr auf digitale Kanäle setzen. Ich glaube, dass in den Unternehmen viele spezifische Profile gesucht werden und dementsprechend die klassische Printanzeige mit hohem Streuverlust bei der Personalsuche verschwindet. Das wird schon heute eher über andere Plattformen, wie z. B. LinkedIn gesteuert.
Was beschäftigt die Unternehmen heute in der digitalen Kommunikation?
Online-Marketing ist ein ganz wichtiger Punkt. Wie können sich die Unternehmen umstrukturieren? Wie kann man marketingtechnisch dem eigenen Produkt oder der Marke neue Energie geben? Das sind Fragen, mit denen Kunden auf uns zu kommen.
Bei den Auftraggebern gehen die Druckauflagen stark zurück. Sie setzen mehr auf Newsletter, auf Online-Magazine aber auch auf Social Media – ein ganz wichtiger Punkt. Vom klassischen Facebook, Instagramm oder Pinterest-Account bis hin zu LinkedIn – da gibt es eine sehr große Nachfrage.
Daneben sind Tools, die digitale Kommunikation erleichtern sehr gefragt, gerade in Zeiten wo der persönliche Kontakt kaum möglich ist. Unsere Webabteilung optimiert derzeit sehr viele Kundenwebsites mit Terminkalendern, Chat-Modulen und unterstützt Unternehmen bei der Digitalisierung.
Erhöht das auch die Anforderungen an das Cloth Kreativbureau als Dienstleister?
Ganz klar! Wir sind in Digital und im Print-Bereiche aufgeteilt in unserem Team. Und der digitale Bereich wurde personell aufgestockt. Wir merken die Anforderungen werden grösser, das technische Know-how muss erweitert werden. Und darauf werden wir auch in Zukunft mit kompetenten Fachkräften setzen.
Hätten Sie gedacht, dass die Krise so lange dauert?
Wer hätte das schon gedacht?! Genau vor einem Jahr haben wir gedacht, es geht zwei oder drei Monate. Jetzt sind wir im Jahr 2021 angekommen. Als Werbeagentur haben wir Kunden aus allen Bereichen, von der Industrie bis hin zur Hotel- und Restaurantbranche. Für uns ist schlimm zu sehen, wie einige - gerade die Eventbranche und Gastronomie und alle, die es mit betrifft – kurz vor dem Aus stehen. Wir sehen aber auch andere, die gut durch die Krise kommen und sich sogar weiterentwickeln.
Rechnen Sie auch dieses Jahr noch mit einem Rückgang der Nachfrage?
Das ist projektabhängig. Die Unternehmen machen schon Abstriche Marketing, jedoch eher in der Quantität und nicht in der Qualität. Die Medienpläne, die vom Januar bis Dezember durchgetimt sind, sehen dann eben nur zwei Anzeigen anstatt vier vor oder statt drei Radiokampagnen nur eine.
Unsere Werbetechnikabteilung, insbesondere der Bereich Messebau, war sehr eingeschränkt und konnte teilweise seine Arbeit gar nicht ausführen. Es wurde dann unter Einhaltung der Regeln mehr möglich und aktuell arbeiten wir da wieder ohne Einschränkungen, aber eben nicht für die Eventbranche, dort darf natürlich gar nichts gemacht werden. Ich hoffe, dass es im Sommer wieder Lockerungen gibt und das zumindest kleine Events wieder stattfinden können, um ein wenig Aufzuatmen. Wir haben eine Partnerfirma im Eventbereich, die liegt momentan komplett still.
Wie treffen Sie als Unternehmer in diesen unvorhersehbaren Zeiten nachhaltige Entscheidungen?
Es gibt natürlich immer ein gewisses Risiko. Das bringt das Unternehmersein mit sich. Aber Entscheidungen sind in dieser Zeit doch schwieriger zu treffen. Man muss noch besser überlegen und kalkulieren, Entscheidungen nochmals überdenken. Ich muss auch im Team für Sicherheit sorgen, damit keine Panik aufkommt.
Absprachen mit Versicherungen, Banken, dem Steuerberater über die nächsten Schritte sind wichtig. Es ist alles wesentlich komplizierter geworden und muss mehr durchdacht sein. Dadurch fallen Entscheidungen langsamer. Es gibt wenig Raum für Spontanität.
Schränkt Sie das – gerade als Unternehmer in der Kreativbranche – ein?
Ich glaube, vor allen in der Kreativbranche lässt man sich nicht so schnell einschränken. Natürlich gibt es Dinge, die von Budgets abhängig sind. Wenn der Kunde dort kürzt, können wir demzufolge auch weniger Zeit aufbringen. Aber wir versuchen immer, unterstützend unter die Arme zu greifen, um das Projekt des Kunden nach vorne zu bringen – in guten wie in schlechten Zeiten.
Vor einem Jahr sagten, Sie aus der Krise entstehen auch Chancen. Sehen Sie das heute noch so?
In der Krise entstehen natürlich auch Chancen. Die haben auch bei uns zu Veränderungen beigetragen. Die drei Monate im letzten Jahr vom März bis Mai haben wir genutzt, um Sachen zu verbessern und die werden uns auch die nächsten Jahre weiter begleiten. Wir haben uns gefragt, worauf kann man weiter aufbauen in dieser Situation. Wir haben Strukturen und Tagesabläufe verändert und auch Qualitätskontrollen eingeführt, die wir auch nach der Pandemie beibehalten wollen.
Die Krise hat uns Zeit zum Nachdenken gebracht und wir konnten gewisse Dinge in Frage stellen für die vorher nie Zeit war. Du wirst morgen sein, was du heute denkst, und somit hat diese Zeit natürlich auch etwas Positives.
Was erwartet das Cloth Kreativbüro für 2021?
Es wird wahrscheinlich ein sehr durchwachsenes Jahr sein, auch für den Großteil unserer Kunden. Es wird kein normales Geschäftsjahr, das können wir jetzt schon sehen. Man sollte kein Risiko eingehen. Wir versuchen 2021 so gut zu überstehen, wie wir es 2020 geschafft haben und konzentrieren uns erst in den Folgejahren darauf weiter zu wachsen und auszubauen.
Werbung und Kommunikation wird gebraucht, wir sind stark gefordert. Wir müssen vorsichtig handeln, aber ich glaube nicht, dass wir Einbrüche haben werden. Vor allem denke ich weiterhin, dass es ein großer Fehler ist, Chancen nicht zu nutzen, wenn sie sich ergeben. Stillstand ist immer schlecht und die Dinge negativ zu betrachten ist noch viel schlimmer. Du kannst nicht Negatives denken und dann Positives erwarten.
Vielen Dank, Herr Cloth, für das Gespräch.
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