Luxemburg

Exportchancen stehen günstig für Baugewerbe

16.03.2021

Luxemburg bleibt auch in der Corona-Krise ein attraktiver Markt für Bauelemente aus Deutschland.

Das machte die B-to-B-Konferenz der AHK debelux mit Akteuren beider Länder am 10. März deutlich. Doch die luxemburgischen Bauunternehmen sind anspruchsvoll. Wer Erfolg als Lieferant haben will, sollte auf mehr als „nur“ Qualität setzen.

Bernd Krey, Außenwirtschaftsberater der Handwerkskammer (HWK) zu Köln, brachte es in seinem Grußwort an die rund 50 Teilnehmer auf den Punkt: „Wir wissen seit über 20 Jahren, dass man mit Luxemburg sehr gute Geschäfte machen kann. Das sind gute Austauschgeschäfte, ein Geben und Nehmen ist wichtig, denn nur so kann man dauerhaft Erfolg in Luxemburg haben.“ Die HWK zu Köln ist Projektpartner der AHK debelux für die digitale Konferenz „Luxemburgischer Markt für Bauelemente“ an die sich zwei Tage B-to-B-Gespräche zwischen den Firmen beider Länder anschlossen.

Hans-Wolfgang Busch, Hauptgeschäftsführer der AHK debelux, sieht ebenfalls gute Gründe für die Konferenzteilnehmer, auf dem Auslandsmarkt aktiv zu werden. „Uns hat damals schon die Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 klar gezeigt: Wer auf mehreren Beinen steht, kommt deutlich besser durch schwierige Zeiten und was liegt da näher als Nachbarländer in den Blick zu nehmen – in diesem Fall Luxemburg.“ Er dankte auch dem BMWi, dass dieses Projekt finanzkräftig unterstützt und den kleinen und mittelständigen Unternehmen die Markterschließung zugänglich macht. „Gerade für kleine, familiengeprägte Unternehmen ist ein Weg in Europa oftmals trittsicherer, leichter zu gehen, als ein Ausflug in ferne Länder.“

Überdurchschnittlich hohes Preisniveau bietet attraktive Margen

„Luxemburg ist ein relativ kleiner Markt und liegt dadurch auch etwas am Rande der Wahrnehmung. Es handelt sich aber um einen höchst attraktiven Markt – gerade auch im Bausektor“, weiß auch Torsten Pauly, Direktor für die Länder Belgium, Luxemburg, Irland bei Außenwirtschaftsagentur der Germany Trade & Invest in seiner Online-Präsentation. Zunächst bietet er gute Margen für die Anbieter von Bauelementen. Das Preisniveau liegt rund 32 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Im Vergleich dazu: Deutschland übertrifft diesen gerade mal mit sieben Prozent.

Auch der Umsatz pro Kopf war 2018 in der luxemburgischen Baubranche fast vier Mal so hoch wie in Deutschland. „Mit über 14.000 Euro pro Einwohner an Bauleistungen liegt Luxemburg weit über den Nachbarländern. Das ist eine enorm hohe Zahl“, so Pauly. In dem 620.000 Einwohner Land lag der Umsatz des Bausektors 2018 etwa so hoch wie in Rheinland-Pfalz, dass rund vier Millionen Einwohner hat. „Das zeigt sehr klar, wie attraktiv Luxemburg für Bauunternehmen ist. Die relativ kleine Bevölkerungszahl sollte also nicht täuschen.“

Krisenfester Markt

Daran ändere auch die Corona-Krise nicht viel. Pauly hat gute Nachrichten für die Bauelemente-Hersteller: Zwar wurde die Bauproduktion in Luxemburg von einem starken Einbruch (-60%) im April 2020 getroffen im Vergleich zum Vorjahresmonat. Schuld daran war die Schließung des Sektors am Beginn des Pandemie-Ausbruchs. Doch danach erholte sich das Baugewerbe schnell und lag 2020 insgesamt nur 8,5 Prozent hinter der Vorjahresleistung. Auch die Gesamtkonjunktur in Luxemburg litt weniger stark unter der Coronakrise als Deutschland und Belgien. Das BIP ging 2020 um 1,6 Prozent zurück.

Umfrage bringt gute Nachrichten

Zum Schluss überzeugt Pauly die teilnehmenden Firmen aus Deutschland mit einer Umfrage des luxemburgischen Statistikamts Statec. Die ergab im Februar 2021, dass in den letzten drei Monaten lediglich ein Fünftel der Bauunternehmen über eine unzureichende Menge an Aufträgen klagte. Trotz der Krise gibt es also noch Bedarf an ausländischen Anbietern. Insbesondere die Hochbaufirmen waren im Schnitt über neun Monate im Voraus gut ausgelastet. „Das sind gute Nachrichten auch für deutsche Firmen, die in den luxemburgischen Markt eintreten wollen, weil eben inländische Firmen in hohem Maße ausgelastet sind“, so Pauly.

Hohe Ansprüche an deutsche Anbieter

Es gibt also viele Exportchancen für deutsche Anbieter am luxemburgischen Markt für Bauelemente. Doch die Baubranche ist auch anspruchsvoll. „Die Arbeitskräfte müssen hoch qualifiziert sein“, weiß Eric Laffineuse, Leiter der Abteilung Rohbau beim Unternehmen BatiPro, das Marktführer in Luxemburg für den Vertrieb von Baumaterialien ist und Niederlassungen in Deutschland, Belgien sowie Frankreich hat. Aktuell sind rund 600 Firmen in der Baubranche in Luxemburg aktiv mit rund 13.000 Mitarbeitern. Die hiesigen Fachkräfte werden regelmäßig geschult in nachhaltigen Bauweisen und Materialien. „Leistungskräftige Bauweisen setzen voraus, dass man auch leistungsstarke Baustoffe verwendet“, so Laffineuse, der aus 26 Jahren Erfahrung bei BatiPro und zahlreichen Begegnungen mit Architekten, Bauleitern und Unternehmern spricht. „Die deutschen Unternehmen müssen sich den hiesigen Kundenansprüchen anpassen. Es gibt einen hohen Anspruch an das Preis-Leistungs-Verhältnis, Lieferfristen, und Qualitäts- und Sicherheitsstandard.“

DIN-Norm ist Standard

Peter Hodapp, Inhaber der Hodapp GmbH & Co KG, hat bereits Erfahrung in Luxemburg. Er belieferte Luxtram mit Falltoren für ein Straßenbahndepot sowie das Wasserkraftwerk in Vianden mit Spezialtoren. Hodapp stellt in dritter Generation mit rund 220 Mitarbeitern in Aachen Türen und Tore her und bringt alle Zertifizierungen für Brand- und Strahlenschutztüren mit. Zudem kann er mit 270 Kilometern Abstand Luxemburg schnell erreichen und sein Betrieb läuft seit 2019 komplett klimaneutral von der Herstellung bis zum After-Sales-Service.

Nähe, Nachhaltigkeit, hohe Normenstandards - das sind wichtige Eigenschaften, wenn man in Luxemburg Erfolg haben will. „Luxemburg ist ein attraktiver Markt“, so Laffineuse. „Hier wird oftmals die DIN-Norm angewendet und passive und dreifach A-Bauweisen gefordert, mehr noch als in Deutschland. Das führt nur Produkte deutscher Herkunft diesem Anspruch gerecht werden.“ Zudem gibt es eine hohe Nachfragesituation am Wohnungsmarkt in Luxemburg und attraktive Steuermodelle für den Häuserbau. Dies macht Luxemburg zu einem lohnenden Standort für Immobilieninvestoren.

Mehr Absatzchancen durch Nachhaltigkeit

Für Brigitte Biffar sind das interessante Informationen. Sie leitet in zweiter Generation das gleichnamige Familienunternehmen. Biffar stellt mit 180 Mitarbeitern in der Pfalz, ganz in der Nähe der französischen Grenze, Türen und Fenster her, die in ganz Deutschland vertrieben werden. Das Unternehmen hat seit 15 Jahren Erfahrungen auf dem chinesischen Markt und hofft nun auf Absatzmöglichkeiten in Luxemburg, wo die Firma einen Händler sucht, der eventuell auch Montagearbeiten übernehmen kann. „Unsere Haustüren zeichnen sich aus durch eine hohe Einbruchshemmung und Wärmedämmung. Wir haben vor fünf Jahren eine neue Konstruktion aufgelegt, die auch für Passivhäuser geeignet ist“, so Biffar.

Régis Bigot ist Innovation Project Manager bei der Firma Neobuild SA und unterrichtet die Konferenzteilnehmer über Nachhaltigkeit von Dämm- und Füllmaterialien im Innen- und Außenbereich. „Für eine nachhaltige Wirtschaft brauchen wir Materialien, die ressourcenschonend sind und gut funktionieren.“ Dazu gehört auch Recycling bzw. Wiederverwertung. Dies erfordert eine hohe Anpassungsfähigkeit der Werkstoffstoffe, denn sie müssen abbaubar bzw. wiederverwendbar sein.

Abbaubare Werkstoffe sind gefragt

Der Bausektor ist ein Hightech-Sektor auch im Bereich der Außendämmung“, so Bigot. In Luxemburg werden zum Beispiel u. a. Ton, Erde, Stein, Leinen etc. für Baumaterialien verwendet z. B. in Putzen, Mauerwerk, Substrat für Dachbegrünungen, Befüllungen etc. Ein weiterer Trend ist die Vorfertigung. Gerade auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft sei die Vorfertigung von Bauelementen gefragt, ähnlich der Entwicklung in der Automobilindustrie.
Im Bereich der Nachhaltigkeit haben die deutschen Teilnehmer einiges im Gepäck. Ein Beispiel ist die Deutsche Rockwool GmbH & Co. KG. Erwin Duren vertreibt Steinwolle als Dämmstoff. „Unser Material ist bis zu 100 Prozent recyclebar, aber wir haben sehr wenig Abfall, weil die Isolierung auch nach 30 Jahren noch war wie am ersten Tag. Die Steinwolle bleibt so wie sie ist, wenn sie sauber eingebaut worden ist“, so der Vertriebsleiter. Auch die Firma Getifix kann den Ansprüchen an Nachhaltigkeit genügen. Geschäftsführer Oliver Olk: „Wir planen die Rückbauweisen der Gebäude mit ein, d.h. unsere Produkte verwenden möglichst wenig Materialien, die Probleme in der Trennung bereiten. In der Innendämmung verwenden wir z. B. Kalkhydrate.“

Andere Geschäftskultur erfordert Anpassung

Qualitativ hochwertige und nachhaltige Produkte sind ein wichtiger Schlüssel zum luxemburgischen Markt. Aber wer hier dauerhaft Erfolg haben will, der muss sich auch der luxemburgischen Kultur anpassen, meint Laffineuse. Er rät den deutschen Firmen, einen Techniker oder eine Technikerin aus Luxemburg anzuwerben mit zehn bis 15 Jahren Erfahrung im Markt.
„Die Kundenanbindung und die Kontaktaufnahme mit den Kunden unterscheiden sich sehr von der Praxis in Deutschland. Hier wird Französisch gesprochen, Portugiesisch und auch ein bisschen Deutsch. Die Sprachen sind die größte Herausforderung für die Firmen.“ Das kann hinderlich sein für deutsche Unternehmen. Da kann es helfen, sich einen Partner zu nehmen, um sich besser an die hiesigen Strukturen anzupassen. „Deutschland ist sicherlich eine hohe Referenz für uns. Wir ziehen die deutsche DIN-Norm jeder anderen Norm vor, aber es gibt eine andere kaufmännische Kultur.“ Das fängt bereits bei der Verfügbarkeit an. „Termine mit luxemburgischen Verkäufern um acht oder neun Uhr abends, das ist bei uns gang und gäbe. In Deutschland ist freitags um 14 Uhr Schluss, das können wir uns nicht erlauben, das versteht hier keiner.“ Das Engagement gegenüber dem Kunden sei in Luxemburg höher als in Deutschland. „Das gilt nicht nur für die Ansprechbarkeit. Es gibt auch eine andere Form des Kundenkontakts, z. B. bei den Rechnungen. BatiPro hat diese angepasst an die Sprache des Rechnungsempfängers.“

Das Fazit der Konferenz zieht Claire Caby, Leiterin der Abteilung Marktberatung der AHK debelux und Konferenzorganisatorin: „Betrachtet man die Baubranche und die Gebäuderenovierungsstrategie in Luxemburg, dann wird deutlich, dass weiterhin Potential für deutsche Produkte im Markt sowie an qualifizierten Unternehmen und Arbeitskräften besteht.“

Geschäftstermine im Anschluss

Im Rahmen des Markterschließungsprogramms „Bauelemente in Luxemburg“ fanden im Anschluss an die Konferenz noch rund 35 B-to-B-Termine statt, bei denen sich deutsche und luxemburgische Firmen in Einzelgesprächen zusammengefunden haben. Da die Covid-Pandemie Reisen derzeit erschwert, hatten die deutschen teilnehmenden Unternehmen per Video-Call die Gelegenheit, sich mit luxemburgischen Gesprächspartnern auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen. Hierzu zählten Architekten, Banker, Energieberater, Immobilienmakler, Monteure, Schreiner sowie Türenhersteller.
So hat das deutsche Unternehmen im Bereich Stahl- und Sondertüren, Hodapp, die luxemburgische Montagebau-Firma Neises kennengelernt.
„Es war für mich das erste AHK-Markterschließungs-Projekt, aber hoffentlich nicht die letzte“, äußert sich Julian Oppermann, Divisionsleiter Industrie/Intercompany bei Schraubentechnik Reisser zufrieden.

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Ansprechpartner

Claire Caby

Bereichsleiterin
Markteintritt Belgien & Luxemburg