Konjunktur

Luxemburger Unternehmen in unsicherer Lage

24.11.2020

Das Geschäftsklima ist drastisch abgesunken im Vergleich zu 2019 und hat sich seit der Frühjahrsbefragung nicht verbessert.

Die Herbstumfrage der Handelskammer Luxemburg ergab erneut einen niedrigen Wert von 45,7 Punkten (von 100 Punkten). Damit ist das für das Luxemburger Wirtschaftsbarometer verglichen mit 61,9 Ende 2019 drastisch gesunken. Bereits im Frühjahr 2020 war das Barometer auf 45,6 gefallen im Jahresvergleich. Nun bestätigt sich die schwierige und äußerst unsichere Situation einer großen Zahl von Unternehmen.

Fast 60% der befragten Unternehmen haben in den letzten sechs Monaten einen Rückgang ihrer Geschäftstätigkeit erlebt, und mehr als ein Drittel aller Unternehmen glaubt, dass sie in der ersten Hälfte des Jahres 2021 weiter abnehmen wird. Es wird erwartet, dass die Rentabilität und die Investitionsprognosen in diesem Stadium stabil bleiben, was eine gewisse abwartende Haltung widerspiegelt.

Beschäftigung bleibt stabil

Doch es gibt auch gute Nachrichten: Das Beschäftigungsniveau bleibt dennoch ermutigend. Hierbei sind die Unternehmen relativ positiv eingestellt, berichtet die Handelskammer Luxemburg. Das Kurzarbeitsprogramm scheint zu wirken. Rund 60% der Befragten wollen trotz der aufgetretenen Schwierigkeiten ihre Belegschaft in den nächsten sechs Monaten halten.

Trotz des positiven Gesamtindikators ist die Lage in den besonders betroffenen Branchen anders: Fast die Hälfte der Hotels, Restaurants und Cafés rechnet mit Arbeitsplatzverlusten. Insgesamt planen 21 Prozent der befragten Unternehmen mit Entlassungen, 16 Prozent wollen neu einstellen.

Vertrauen in künftige Geschäftstätigkeit ist branchenabhängig

Das Vertrauen der Unternehmen in ihre Zukunft und das mittelfristige Vertrauen in die luxemburgische Wirtschaft ist im Vergleich zur vorhergehenden Periode relativ stabil, so die Kammer.
Hierbei zeigen sich allerdings Unterschiede zwischen den Branchen, die die Auswirkungen der Krise widerspiegeln. Die Manager in der Gastwirtschaft bleiben pessimistisch, was Aktivität, Investitionen, Rentabilität und die Entwicklung der Belegschaft in den nächsten sechs Monaten betrifft. Auch der Handels- und Transportsektor äußert Vorbehalte hinsichtlich seiner Rentabilität im gleichen Zeitraum. Wenn der Finanzdienstleistungssektor in der ersten Jahreshälfte noch eine positive Differenz aufwies, so erlebte er in dieser zweiten Jahreshälfte eine allgemein ungünstige Periode wie die anderen Wirtschaftszweige.

Mehr als acht von zehn Unternehmen im Gastgewerbe verzeichneten einen Rückgang ihrer Tätigkeit, und mehr als sechs von zehn Unternehmen in den Bereichen Transport, Handel, Industrie und Bauwesen beklagten die gleiche Situation. Dies sind die Sektoren, die am stärksten von der Gesundheitskrise betroffen sind.

Besonders betroffene Branchen sind pessimistisch

Der Gastronomie- und der Transportsektor sind auch am pessimistischsten, was Investitionen und Rentabilität in den nächsten sechs Monaten betrifft. Auch den Einfluss des wirtschaftlichen Umfelds bewertete jedes zweite Transportunternehmen negativ, in der Gastwirtschaft jedes vierte.

Dies gilt auch für das Vertrauen der Unternehmen in ihre mittelfristige Zukunft. Mehr als 30 Prozent der Manager aus Transport und Gastgewerbe geben an, nicht sehr zuversichtlich zu sein, eine kleine Minderheit im Gastgewerbe ist sogar „überhaupt nicht zuversichtlich“. Die Werte der anderen Branchen liegen zwischen 60 Prozent und 75 Prozent zuversichtlich. Die Finanzdienstleister sind nicht überraschen mit mehr als 75 Prozent die zuversichtlichsten, dicht gefolgt vom Sektor Industrie, was eine gute Überraschung ist.

Schwache Wirtschaftslage erwartet

Nach Angaben der befragten Unternehmen wird die Wirtschaftslage in den nächsten sechs Monaten eher schwach sein. Tatsächlich stagniert die Gesamtpunktzahl bei 45,7 im Vergleich zu 45,6 in der ersten Hälfte des Jahres 2020. Damit bestätigt sich der eklatante Stillstand der Wirtschaft aus der ersten Jahreshälfte.

Der erwartete Einfluss des wirtschaftlichen Umfelds auf die Unternehmen im Jahr 2021 erscheint inzwischen fast einem Drittel der Befragten ungünstig. Für 60 Prozent werde der Einfluss unverändert bleiben.

Exportunternehmen erwarten mehrheitlich stabilen Absatz

21% der befragten Unternehmen haben eine Exporttätigkeit. Es handelt sich überwiegend um Industrie (75%), Transport (44%) und Handel (36%). Etwas weniger als die Hälfte der Exportunternehmen erwarten eine stabile Entwicklung ihres Außenhandelsumsatzes für 2021. 28 Prozent erwartet einen steigenden Umsatz und ebenso viele einen sinkenden Umsatz.

Unternehmen sorgen sich auch um Finanzierung

Die nicht krisenbedingten Faktoren wie Lohnnebenkosten (52 Prozent) und Fachkräftemangel (48 Prozent) belasten die Unternehmen nach wie vor am meisten. Daran schließen sich die Sorgen in Hinblick auf Corona an: 42 Prozent sieht die Rückzahlung der in der Covid-Krise auflaufenden Schulden als Problem. Leider werde diese Besorgnis wahrscheinlich noch zunehmen, so die Handelskammer, da inzwischen auf nationaler Ebene in und um Luxemburg neue Beschränkungen und Begrenzungen erlassen wurden.

Die Finanzierungsbedingungen sind eine weitere viel bedeutendere Herausforderung für Unternehmen in diesem Jahr. Während sie vor einem Jahr noch von 11 Prozent der Befragten als kleinste Herausforderung eingestuft wurden, stehen sie dieses Jahr auf dem vierten Platz und werden von fast einem Viertel der befragten Unternehmen hervorgehoben.

Besorgnis mit einem Hauch von Optimismus bestätigt

Wenn sich das Endergebnis des Barometers nicht von Frühjahrswert unterscheidet, liegt das daran, dass sich bei den Hauptindikatoren wenig geändert hat. Dennoch sind die Indikatoren für das Vertrauen der Unternehmen in ihre Zukunft und in die Zukunft der luxemburgischen Wirtschaft positiver ausgefallen. Sie zeugen von der Hoffnung, die die Unternehmen in dieser Krise antreibt.

Thematischer Schwerpunkt auf Nachhaltigkeitsstrategien

Diese zweite Ausgabe des Wirtschaftsbarometers 2020 hat sich neben den Konjunkturindikatoren auch einem thematischen Schwerpunkt gewidmet: der nachhaltigen Entwicklung und den CSR-Strategien (Corporate Social Responsibility). Die Widerstandsfähigkeit der Unternehmen wird angesichts der aktuellen Krise häufig angeführt. Wie reagieren und sich neu erfinden angesichts einer beispiellosen Gesundheitskrise, deren Auswirkungen noch auf unbestimmte Zeit zu spüren sein werden? Die Handelskammer wollte eine Bestandsaufnahme der in den luxemburgischen Unternehmen umgesetzten Strategien für nachhaltige Entwicklung und CSR (Corporate Social Responsibility) vornehmen.

Solche Nachhaltigkeitsstrategien können Innovation, Transformation und besseres Management ermöglichen. Die Umfrage ergab, dass die Beweggründe zur Umsetzung von CSR-Strategien vielfältig sind. In erster Linie nennen die befragten luxemburgischen Manager persönliche Motive, gefolgt Kundennachfrage oder rechtlichen Erwägungen.

Darüber hinaus sind die potenziellen Vorteile, die bei der Umsetzung eines CSR-Ansatzes wahrgenommen werden, in erster Linie mit dem Image, dem Ruf und der Kundenpositionierung verbunden (55 Prozent). Die Hälfte der Befragten führten auch Innovation und 45 Prozent Transformationspotential der Organisation als Vorteile an.

Auf der anderen Seite werden die Belastbarkeit des Unternehmens, das Risikomanagement oder das Kosten- und Leistungsmanagement noch nicht als echte potenzielle Vorteile wahrgenommen. Im Allgemeinen sind die Herausforderungen, denen man begegnet, zahlreich und vielfältig. Dazu gehört es, die Denkweise der Mitarbeiter zu ändern, sich über staatliche Beihilfen zu informieren, die abonniert werden können, nach Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen oder konkrete Lösungen für die ermittelten CSR-Probleme zu finden.

Baugewerbe fühlt sich nicht ausreichend informiert

Nach Ansicht der Mehrheit der befragten Unternehmen (54 Prozent) ist dieses Thema der Nachhaltigkeit heute wichtiger als noch vor fünf Jahren. Auf der anderen Seite halten sich zwar die Mehrheit der Wirtschaftsführer für gut informiert, doch 47 Prozent der Befragten aus dem Bausektor glauben nicht, dass sie über ausreichende Informationen verfügen.

Was die CSR-Maßnahmen betrifft, die das Unternehmen durchgeführt hat oder in Zukunft durchführen wird, so beziehen sie sich mehr auf den ökologischen und sozialen Bereich als auf die Unternehmensführung oder sind ein integraler Bestandteil einer umfassenden CSR-Strategie.

Darüber hinaus beliefen sich die Investitionen für die Umsetzung von CSR-Maßnahmen in den letzten zwei Jahren bei einer sehr großen Mehrheit der befragten Unternehmen auf 0 bis 5 Prozent des Umsatzes, unabhängig von ihrer Größe und ihrem Tätigkeitsbereich.

Über die Umfrage

Vom 14. September bis zum 2. Oktober befragte die Handelskammer Luxemburg 560 Unternehmen mit 6 oder mehr Beschäftigten, die repräsentativ für die luxemburgische Wirtschaft sind. Das so ermittelte Wirtschaftsbarometer wird halbjährlich von der Handelskammer ermittelt.